Rezension: Und Marx stand still in Darwins Garten, Ilona Jerger

Titel: "Und Marx stand still in Darwins Garten"
Autor: Ilona Jerger
Genre: Roman
Verlag: Ullstein
Erscheinungsdatum: 2017
Seitenanzahl: 288
ISBN: 978-3550081897
Preis: 20,00€ (Hardcover)





" 'Ich glaube, es gibt eine andere Verbindung zwischen Ihren beiden Theorien. Und die scheint mir in der Tat aufregend. Ich habe Marx gefragt, was er von Ihrer Entwicklungslehre hält. Und er hat Sie in höchsten Tönen dafür gelobt, das 'Jenseitsgeschwätz', wie er sich ausdrückte, hinweggefegt zu haben. Er sagte wörtlich, Sie hätten mit Ihrer Theorie die naturhistorische Grundlage für den Kommunismus geschaffen.'
'Das ist blanker Unsinn! Natur und Kommunismus sind wie Wasser und Feuer!' "
("Und Marx stand still in Darwins Garten", Ilona Jerger, Seite 129)

Beschreibung:


Die beiden Männer betraten den Kiesweg, der vom Haus in den Garten führte. Marx schlich mit gesenktem Kopf und mit ungeschickten Tritten, denn in der Nacht sah er noch schlechter als am Tag. Nach einer ganzen Weile sagte Darwin: »Mir scheint, Sie sind ein Idealist.« Marx stand grau und regungslos da, als hätte er sich in eine Statue verwandelt. Ihm war kalt. Üblicherweise hätte längst sein Krakeel eingesetzt, er konnte Idealisten nicht leiden. Doch Marx stand still in Darwins Garten. Weder polterte er, noch ließ er sonst ein Wort verlauten.

England, 1881. Zwei bedeutende Männer leben nur wenige Meilen voneinander entfernt: Charles Darwin in einem Pfarrhaus in Kent und Karl Marx mitten in London. Beide haben mit ihren Werken, der eine zur Evolution, der andere zur Revolution, die Welt für immer verändert. Beide wissen es und sind stolz darauf. Und doch sind sie schlaflos und melancholisch. Darwin hat den Schöpfer abgeschafft, fühlt sich missverstanden und forscht inzwischen still am Regenwurm. Marx grollt der Welt, wartet ungeduldig auf ein mutiges Proletariat, das den Kapitalismus hinwegfegt, verzettelt sich beim Schreiben und kommt über Band 1 des 'Kapitals' nicht hinaus. Eines Abends begegnen sich die beiden bei einem Dinner zum ersten Mal. Schnell kreist ihre Diskussion um Gott und Gerechtigkeit — doch unausweichlich kommt es zum Streit, und der Abend endet in einem Eklat. Dennoch haben der großbürgerliche Naturforscher und der ewig klamme Revolutionär mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen. In ihrem wunderbaren Roman verbindet Ilona Jerger Fabulierlust mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnissen, die den Weltenlauf maßgeblich beeinflusst haben. Ein warmherziges und humorvolles Porträt zweier großer Männer, deren Disput zeitgemäßer nicht sein könnte.

Quelle: Ullstein Verlag

Inhalt:


Ilona Jerger hat bei ihren Recherchen herausgefunden, dass Karl Marx und Charles Darwin eine Zeit lang sehr nah beieinander gewohnt haben. Daraus hat sie die Idee entworfen, dass Darwin und Marx, wäre die Geschichte etwas anders verlaufen, sich vielleicht hätten kennenlernen können:

Der schon etwas in die Jahre gekommene Charles Darwin wohnt in aller Ruhe in seinem Landhaus in Downe und macht Versuche mit Regenwürmern. Er ist mittlerweile ein bekannter Mann und das einzige was ihm Sorgen bereitet ist seine Frau Emma. Diese macht sich nämlich Sorgen, dass, weil Charles den Glauben an Gott in Folge seiner Forschungen verloren hat, sie sich im Jenseits nicht wiedersehen würden. Dies macht Darwin sehr zu schaffen. Noch mehr beschäftigt ihn aber, dass viele Menschen aufgrund seiner Forschungen den Glauben verloren haben oder diese als Beweis für den Atheismus missbrauchen.
Da Darwin mit seinen 70 Jahren nicht mehr der Jüngste ist und er in seinem Arbeitseifer wenig an seine Gesundheit denkt, machen ihm Kopfschmerzen und Übelkeit zu schaffen. Aus diesem Grund lässt er Doktor Becket rufen, einen Arzt der sich schon bei einigen anderen hohen Männern einen guten Ruf gemacht hat.
Nun kommt es aber, dass Doktor Becket zur gleichen Zeit einen anderen berühmten Mann behandelt. Dieser ist kein anderer als Karl Marx. Denn auch dieser berühmte Revolutionär ist nicht frei von gesundheitlichen Problemen.
Und so lernt Doktor Becket beide dieser bekannten Herren kennen und kann nicht umhin sie miteinander zu vergleichen. Umso interessanter fände er ein Treffen der beiden. Und ohne sein Wissen kommt es überraschenderweise tatsächlich dazu...

Meine Meinung:


Dieser Roman ist einfach unglaublich interessant. Ilona Jerger hat nämlich einige Recherchen angestellt, um Darwin und Marx so realistisch wie möglich darzustellen. Es wird deutlich, dass sie sich dabei sehr viel Mühe gegeben haben muss, denn die Personen wirken realistisch und keineswegs poetisiert. Ich hatte wirklich das Gefühl Darwin und Marx ein Stück weit kennenzulernen.
Wer etwas mehr über diese beiden Herren erfahren möchte, ohne gleich die Biographien lesen zu müssen, dem kann ich dieses Buch nur empfehlen. Wer sich jedoch wirklich über Darwin oder Marx informieren möchte, dem könnte dieser Roman zu wenig Informationen enthalten.

Des Weiteren ist "Und Marx stand still in Darwins Garten" ein sehr philosophisches Buch. Denn sowohl Marxs als auch Darwins Philosophien und die einiger anderer Herren werden dargestellt. Der Leser wird angeregt über Naturwissenschaften, Politik und Glaube nachzudenken und auch andere Sichtweisen nachzuvollziehen. Denn das Marx und Darwin oft unterschiedlicher Meinung sind, lässt sich in dem Zitat wohl erkennen.

Durch die Figur des Doktor Becket werden die Denkweisen dieser Herren interessant verglichen und eine relativ neutrale Person hinzugefügt, die daraus ihre Schlussfolgerungen zieht.
Man muss sich jedoch bei diesem Roman keine Sorgen machen, dass der Schreibstil unter den komplizierten Philosophien leidet. Denn die Sprache dieses Romans ist leicht zu verstehen und auch leicht zu lesen.

Außerdem ist gerade die Atmosphäre in Darwins Haus, insbesondere im Garten, perfekt zum abtauchen. Denn man kann sich den gepflegten großen Garten gut vorstellen und wie angenehm es sein muss hindurchzuspazieren.

Ich muss jedoch sagen, dass ich von der letztendlichen Begegnung von Marx und Darwin etwas mehr erwartet hätte. Möglicherweise wollte Ilona Jerger an dieser Stelle nicht zu viel erfinden, um sich möglichst nah an die Fakten halten zu können.

Ein weiterer kleiner Kritikpunkt ist für mich, dass in dem Roman häufig versucht wir darzustellen, dass Marx nicht perfekt Englisch spricht. Dazu werden hin und wieder ein paar krumme englische Wörter in den deutschen Text eingebaut. Jedoch sind nicht alle davon direkt falsch, weshalb mir erst spät aufgefallen ist, was sie zu bedeuten haben.

Fazit:

Pro:
Genaue Recherchen
Realistisch
Philsosophisch und politisch
Einfacher Schreibstil
Regt zum Nachdenken an
Angenehme Atmosphäre

Contra:
Begegnung war enttäuschend
Versuch Marx schlechtes Englisch darzustellen

Insgesamt hat mir dieser Roman wirklich gut gefallen, weil ich auch das Gefühl hatte dabei etwas über Darwin und Marx zu lernen. Wegen den kleinen Kritikpunkten vergebe ich 4 Bücher:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts